4=1 FLUSS 一響川 2018In der Ausstellung „4=1 FLUSS“ werden in vier rollenden Boxen Vier verschiedene Künstlerische Positionen gezeigt, die einen Laufenden Fluss ergeben. Diese Positionen beeinflussen einander und lassen sich beeinflussen. Ein Fluss entsteht aus den Themen über Wasser, Wasserfall, Trübung und unter Wasser.
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Über Wasser
Mei-Fang Hsieh collagiert in ihren Arbeiten ihre Erfahrungen und Eindrücke aus Europa und Taiwan zu gemalten Geschichten. „Über Wasser“ zeigt mit Humor eine Auswahl dieser Geschichten, die in den letzen acht Jahren entstanden sind. Nebeneinander in einer Box hängen die Erzählung eines Freundes über einen grauen Papagei in einem Tierheim, ein Vater mit schlafendem Kind auf dem Arm auf einer Demonstration in Taiwan und eine Auswahl gemusterter Brillen. Diese unterschiedliche Geschichten fliessen zu einem Fluss zusammen, zu dem im Laufe des Lebens viele weitere hinzukommen werden. Mei-Fang Hsieh 2018 ANOTHER ONE Die Bildsprache Mei Fangs erschließt sich erst dann in faszinierender Weise, sobald man sich gespannt und mit viel Hintergrundwissen im Detail von ihr bewegen lässt. Mei Fang ist stets eine Einladung und offen für jene, die sich mit ihr auf eine Reise mit Bildern begeben wollen. Mei Fangs Bilderwelt lädt ein, auf den Zug ihrer Lebensreise aufzuspringen, ein Stück pulsierendes Leben mit ihr gemeinsam zu durchwandern. Ihr eigenes Leben, ihre Ängste und Hoffnungen, ihre Kommentierung der Geschehnisse in Gesellschaft und Politik zu begleiten. Ihr Leben der Gesellschaften, in denen sie war, in denen sie verweilte und beobachtete. Beziehungen, die sie getragen und geprägt haben. Beziehungen und Lebensverhältnisse, die sie aufgebaut, aber auch bestürzt und erschüttert haben. Sie will mit uns darüber reden. Mei Fang stellt ihre Bilder ins Zentrum des Gespräches mit ihr. So wie in all ihren Bildern ihre Figuren sich mit Bestimmten beschäftigen, sich auf Bestimmtes konzentrieren, so geht es auch dem Betrachter ihrer Bilder: lebendig wird die Bildwelt Mei Fangs erst dort, wo es dem Betrachter gelingt, dem im Bild dargestellten Leben selbst zu begegnen. Das in den Bildern Erzählte tritt nur dann und erst dort aus dem Bild ins eigene Leben, ins eigene Denken, wo man sich dem im Detail Bild zuwendet. Erst, aber auch nur dort, kommt es zu einer Begegnung mit einer faszinierenden Bildwelt, einer Welt an Bildern aus dem Leben. Bilder, die selbst leben, das Leben in sich tragen. Auf gelebtes Leben hinweisen. Die das konkret gelebte Leben ins metaphorische, ins allgemein Gültige übertragen. Die bislang hier zusammengestellten Bildgeschichten entstammen alle aus direkten Gesprächen mit Mei Fang zu ihren Bildern. Mei Fang erzählt darin jeweils einfach ihre eigene Bildgeschichte. Die Geschichte, wie es zu den jeweiligen Bildern kam. Die Geschichten, das Leben, das für Mei Fang selbst hinter diesen Bildern steht und sich tatsächlich zugetragen hat. Geschichten, die Mei Fang selbst beim Malen der Bilder durch den Kopf gingen. Geschichten, die im realen Leben stattfanden. Geschichten, die vom konkreten Leben erzählen. Geschichten, die beim Verdichten im Malen an Kontur und Klarheit gewonnen haben. Geschichten, die durch das Festhalten im Bild an Eigenständigkeit, eigenständige Lebenskraft hinzugewonnen haben. Personen, Bilder, Metaphern, die aus den Bildern und durch die Bilder weiterleben und so in unser eigenes Leben treten können. Die sich aber auch durch das Erzählen, durch das weiter Erzählen selbst weiter entwickeln. Die so zusätzlich an Gestalt und Kontur gewinnen. So wie auf Dauer gültige Romanfiguren dem Leben entnommen sind, im künstlerischen Schaffensprozess aber ihr selbst, und damit uns allen, beim Betrachten der Bilder lebendig entgegentreten. Hinter all den hier dargestellten Bildgeschichten stehen reale Bilder. Die Bildgeschichten wurden von Mei Fang an Originalschauplätzen des tatsächlichen Lebens aufgenommen. Diese Bilder sind zumeist etwas konkreter als die Bildgeschichten in der künstlerischen Verarbeitung durch Mei Fang. Aber auch die fotographische Wiedergabe von Leben und Beziehung ist nur ein Abbild, nur die Fixierung eines einzigen Augenblickes in der Welt der / des von Mei Fang Dargestellten. Diese Zeitbegrenzung kann sie aber in den von ihr gemalten Bilderwelten überwinden. Sie stellt darin frühe Erinnerung und Gegenwart nebeneinander. Der Weg zurück von den Bildern Mei Fangs ins Realgeschehen ist von ihr dokumentiert, wird beim Erzählen zu den Bildern lebendig. Zumindest partiell. Man kann diese Rückübersetzung in einem ersten Schritt über eine Beschäftigung mit der Fotoserie von Mei Fang tun. Ein überaus eindrucksvoller Schritt, der in den hier zusammengestellten Notizen abzubilden versucht wird, ist das direkte Gespräch mit Mei Fang selbst. Für den Betrachter, aber auch für Mei Fang selbst erschließen sich so die Geschichten zu den gemalten Bildern neuerlich und zusätzlich. Die Kunst Mei Fangs will nie nur Kunst sein, sondern das Leben selbst. Sie will mit ihren Bildern direkt vom Leben berichten. Das ist zumindest ein Zugang zur Kraft der Bilder Mei Fangs. Um in den Kosmos der Bilderwelt Mei Fangs einen Einblick zu erlangen hat man der Beschäftigung mit dem einzelnen Werke den Vorrang zu geben. Natürlich kann man sich auch mit dem Leben, der Geistes- und Gefühlswelt von Künstlern beschäftigen. Naheliegend ist dies bei Größen der Sparten, weil es eben zu Beethoven & Co, zu Picasso & Co etc. viel zu erzählen gibt. Sich viel an Interpretation auch zu deren Werk und Lebenswelt angesammelt hat. Ganz anders ist dies bei zeitgenössischem Kunstschaffen. Was hier beeindruckt ist am Entstehungsprozess des Werkes, hier konkret von Werk zu Werk, von Künstlern deren Schaffen begleiten zu können, am kreativen Prozess von Künstlerfreunden teilhaben zu können. Das in einer Ausstellung Zusammengestellte vermittelt ist ein Segment, eine kurze Sequenz davon. Das macht eine Ausstellung auch so spannend und bedeutsam. Hier ist und arbeitet die Malerin Mei Fang jetzt. Hier entwickelt und modelliert sie ihre Bildsprache gerade im Jetzt. Deshalb gibt es bei ihr auch keinen beeindruckenderen Zutritt zu ihrem Schaffen als ihr jetzt über die Schulter ihres Schaffens blicken zu dürfen. Dies ist das Privileg, aber auch das Lebensglück der Kunstfreunde, der Freunde der Künstler. Seien sie Galeristen, Kuratoren, Sammler, persönliche Freunde – oder alles zusammen. Vom Lebenswerk Mei Fangs ist zweifelsfrei erst ein kleiner Teil ausgeführt. Zu Recht kann von Mei Fang noch sehr viel erwartet werden. Auch an stilistisch inhaltlicher Variation. Wenig repräsentativ, aber umso spezifischer ist der gewährte Einblick, der in einer Ausstellung vom Schaffen der Künstlerin Mei Fang gezeigt werden kann. Es sind nur wenige Schritte, eine kurze Episode am Weg zum Lebenswerk Mei Fangs. Frei nach Goethe liegt im strebend sich mühen die eigentliche Erlösung, das eigentlich Beglückende. Im Einzelwerk, in dieser Ausstellung ist uns ein Verweilen im Augenblick bewährt. Dies gilt für das zeitgenössische Kunstschaffen, dies wird uns von den Künstlern unter uns gewährt. Dies gilt aber auch und vor allem für die Bildbetrachtung. Hier und jetzt sind das Augenmerk, die Zuwendung und das mit Empfinden nur wenigen der ausgestellten Bilder zu schenken. Die hier erzählten Bildgeschichten sind nur ein Anfang. Ein persönlicher Anfang, einen tieferen Einblick in die Lebenswelt und das künstlerische Schaffen Mei Fangs zu bekommen. Ein Beginn und eine Einladung, die allen Besuchern dieser aktuellen Werkschau bereitgestellt ist. Es ist ein erster Schritt am Beginn eines ebenfalls soeben auch erst begonnen Jahres. In diesem Sinn kann hier nur gewünscht werden was auch am erfolgreichen Start im Neuen Jahr steht: mögen nach dem gelungen Start noch viele weitere beglückende Schritte, Einsichten, Betrachtungen, Zutritte und Begegnungen mit der Bilderwelt Mei Fangs die Folge sein. ao.Univ.-Prof.Mag.Dr. Franz-Otto Hofecker 2014 |